DIE
WELT ERGEHEN
Im
Gegensatz zu den europäischen Felsbildern der Steinzeit sind Menschendarstellungen
in den südafrikanischen ein häufiges Motiv und - sie sind
von gleicher stilistischer Reife wie die Tierdarstellungen. Die Menschen
stehen auf den Bildern nicht still, meistens sind sie in Bewegung. Sie
schreiten oder rennen, gelegentlich sieht man sie auch sitzen, tanzen
oder liegen.
Man kann annehmen, daß das Gehen und Laufen weiter Strecken eine
Selbstverständlichkeit in der Lebenswelt der Wildbeuter war. Sammelfrüchte
müssen aufgesucht werden, angeschossenen Tieren muß man oft
tagelang folgen, bis das Pfeilgift wirkt. So wird das Essen buchstäblich
erlaufen. Die Fähigkeiten der Buschleute, weite Strecken zu Fuß
zurückzulegen, sind Legende.
Die Läufer sind in der ägyptischen Perspektive dargestellt:
Der Kopf und der Unterkörper ist im Profil zu sehen, der Rumpf
und die Arme frontal. Meistens sind sie am Horizont ausgerichtet, selten
laufen sie vertikal oder schräg über den Stein.
Unserer Konvention des Sehens entsprechend läßt uns die Spreizung
der Beine auf die Geschwindigkeit der Bewegung schließen; so glauben
wir Menschen rennen, schreiten oder schleichen zu sehen. In der Haltung
der Personen sind wir geneigt, unsere kultürliche Körpersprache
wiederzuerkennen: Streckt die Person den Rücken und den Hals, so
nehmen wir Erhabenheit wahr. Ein nach vorne geneigter Oberkörper
mit gesenktem Kopf erweckt in uns den Eindruck, daß die Person
etwas sucht. Richtet sie den Kopf geradeaus, nehmen wir sie wahr als
konzentriert auf das, was vor ihr liegt. Der zurückgeneigte Oberkörper
signalisiert uns ein Zögern oder Stutzen; in Kombination mit den
weit ausschreitenden Beinen entsteht aus der widersprüchlichen
Bewegungsrichtung von Ober- und Unterkörper der Eindruck des Komischen.
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